Von Peter Killert.
„Weltschmerz“ ist sicher eine abgedroschene Vokabel. Aber der Wunsch der Jugend, sich in ersten existenziellen Gedanken und Zweifeln auszudrücken ist in jeder Generation präsent. Die dunklen Augen und Klamotten der Grufties und Waver der 90er Jahre finden sich heute bei den Emos. Was als individuelle Ausgrenzung dient, ist dennoch eine Art kollektive Depression. Was passiert aber, wenn solche Menschen erwachsen werden? Was, wenn aus Zweifeln ein künstlerischer Anspruch erwächst? Was, wenn man die elektronische Musik neu erfinden und Worte für den Weltschmerz finden möchte? Alles schon mal gehört? Alles schon mal gesagt? Mitnichten.

Diese Komplexität unserer Zeit spiegelt sich im Titelsong, der erst nach etlichen Durchläufen eingängig wird. Zuvor poppige Eintracht. „Do I Have a Flower in my hair or what?“ im Song „Flowers“ - die Stimme der Sängerin erinnert hier ein wenig an „Propaganda“ bei ihrem kaum beachteten Comeback im Jahr 1990. Dann so etwas wie normative Romantik in „The Essential Thing“. Das ist natürlich die Liebe. „The centre of our life should be the love inside“. Das kommt dann textlich Anne Clarke schon sehr nahe. Texte mit melancholischer Substanz.

Wenn eine Band mit vornehmlich elektronischen Mitteln Musik machen möchte, dann hat sie das Problem, dass sie nicht allzu bemüht klingen darf. Das haben „hearhere“ geschickt mit einer guten Mischung aus eingängigen Songs und mehreren Aufforderungen zum Wiederhören umgangen. „Rain“ oder „New Heart“ - meine persönlichen Highlights neben dem Titelsong - sind dafür gemacht, sie immer wieder zu hören. Fenster öffnen, ein Gewitter kündigt sich an. Die Sonne weicht den Schatten. „hearhere“ erfinden die elektronische Musik nicht. Sie interpretieren sie neu.
www.hearhere.de