12. Oktober 2013

Schlaglöcher für den Fassadenmenschen

“Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben:
entweder so, als wäre nichts ein Wunder,
oder so, als wäre alles ein Wunder”.

- Albert Einstein.

“Die beste Tarnung ist die Wahrheit.
Die glaubt einem sowieso keiner.”

- Max Frisch.

Es tobt ein Kampf in dieser Welt. Ein innerer Kampf. Ein Kampf der moralingeschwängerten Gutmenschen. Diese ewigen, naiven Weltverbesserer. Der Sinn ihres Kampfes besteht darin, nicht zu resignieren. Wie sehr sie auch belächelt werden, die Gutmenschen. Wie sehr die anderen auch glauben, etwa besser erkannt zu haben: die Gutmenschen glauben, das eigene Handeln daran zu orientieren, wie die Welt sein könnte und nicht, wie sie ist.

Ich plädiere daher nachhaltig dafür, die Mittelmeer-Kreuzfahrten zu erweitern. Von Giglio aus und dem betroffenen Ergötzen am Wrack der Costa Concordia und seinen 30 Toten weiter südlich. Ein paar Seemeilen nur. Vom dekadenten Wrack, gesteuert von einem dekadenten Kapitän mit dekadenten Menschen an Bord, zum Live-Programm. Brot und Spiel, Feuer und Wasser - in Lampedusa. Dort - live - die dreifache Anzahl Toter.

Ergötzen macht mit Zynismus zehnmal so viel Spaß.

Fundstück aus dem Internet:
Wem kann man dann einen Vorwurf machen? 
Den Flüchtlingen, die sich in die Nussschale setzen - es zwingt sie ja schließlich niemand dazu?

Das Gegenteil vom Gutmenschen ist der Ergötzende. Jemand, der keine Schlüsse aus dem Gesehenen ziehen will, der sich lieber satt sehen will, übersehen quasi, ergötzend die Frage stellend, warum soll gerade ich feistes Schwein, das hart an dem Wohlstand dieser Gesellschaft mitgearbeitet hat, meinen Beitrag für die Umsetzung ethischer Prinzipien leisten? Ich, schließlich, trage mit dem Zufall, dass meine dekadente Existenz in ein mir wohlgefälliges Gefüge hineingeboren wurde, dazu bei, dass es uns gut geht.

Ja lasst uns doch lieber über Rauchverbote in Kneipen diskutieren, ihre dramatischen Folgen für die Kneipenkultur unseres Landes. Lasst uns darüber sprechen, wie die Schlaglöcher auf deutschen Straßen tiefe Gräben in unsere Kultur reissen. Lasst uns - mein Lieblingsmotiv - darüber tief beseelt nachdenken: Warum frisst Bata Illic im Dschungelcamp Kakerlaken?
Lasst uns loben den Herrn für Bischöfe, die First Class in die Dritte Welt reisen, um sich am Elend in Slums zu ergötzen. Ja, hier, bei uns. Im Bistum nebenan.

Allein, um das zu sehen werden alle zu uns kommen. Alle. Die Wohlstandsflüchtlinge. Sie wollen in unsere hart erarbeitete Realität, der die Ausbeutung und das Ergötzen ja so fremd sind.



Warum der deutsche Staat Waffen nach Somalia exportiert? Könnte das ein Grund dafür sein, dass Menschen dort ohne zu Zögern ihre Existenz aufgeben? Oh, was für ein Idealismus bricht sich hier Bahn! Waffen von Reichen, mit denen Arme abgeschlachtet werden. Wie naiv ist das doch. Wie niedlich.

Wenn überhaupt, dann kommen Flüchtlinge nur für das Weihnachtsgeschäft in Frage, dann sollte man ihnen eine Aufenthaltsgenehmigung ausstellen. Damit sie für zwei Euro die Stunde Pakete für das dekadente Weihnachtsgeschäft sortieren. Unter Aushebelung sämtlicher Maßstäbe, die sich aus Menschenrechten ergeben.

Lasst sie doch deutsche Straßen teeren, die wohlstandsgeilen Wohlstandsflüchtlinge (<- ganz fetter Kandidat für das Unwort des Jahres!). Lasst sich doch genauso hart arbeiten, wie wir Deutsche! Wir haben schließlich unser Wirtschaftswunder ganz allein geschafft. Und dann, wenn sie die Schlaglöcher beseitigt haben, dann dürfen sie mal bei ALDI einkaufen gehen. Dafür haben sie schließlich ihr Heimatland verlassen. Eine große Chance auf das Ersaufen verpasst. Eingetauscht gegen das Schlangestehen beim Discounter. Wer sich das vor Augen führt, weiß, wie schlecht es diesen Menschen gehen muss.

Schlaglöcher. Schlaglöcher sind heute unser Problem.

Nein, nicht die auf den Straßen. Die 18 Löcher der Wohlstandsrepräsentanten. Sie hätten es in der Hand. Aber sie sind nur … Fassadenmenschen.



  Fassadenmenschen

  Wenn Fassaden Spiegel wären
  Und ein Gesicht könnt dann entbehren
  Den Teil der es uns möglich macht
  Zu erkennen wofür man lebt und schafft

  Die Welt wäre ein Spiegelsaal
  Mit Idealen voll und stets die Wahl
  Zwischen Tugend, Moral und Sachverstand
  Der Gutmensch nicht vor Fassaden verkannt

  Aber Spiegel finden sich in Fassaden nun wirklich nicht
  Sie zeigen weder Ehrlichkeit noch ein wahres Gesicht
  Sie zeigen nur den Schein, die Blässe
  Auf dass der Mensch für sich ganz schnell vergesse

  Dass er zu Höherem geboren ist
  und bei Lebzeiten nie so ganz vergisst
  Einreißen von Fassaden ist die wahre Stärke
  Drum auf, Fassadenmensch, schreite zu diesem Werke!

  Lass uns Hoffen und gib uns Zuversicht
  Fassaden im Einklang mit Deinem Gesicht
  Lass nicht zu, dass Dir einer den Spiegel vorhalten muss
  Und Du geblendet von Geld und Feistigkeit im Überfluss

  Gib den Gutmenschen Deine Hand
  Du hast ihn schon zu lange verkannt
  Der Idealist, er hat Dein Gesicht
  Nur Du allein, Du siehst es nicht.